Eine Woche zurück in einer neuen Normalität – ein vorläufiges Resümee
Endlich wieder zur Arbeit gehen. Für einen kleinen Kreis der Beschäftigten ist dieser Wunsch am 28.05.2020 Wirklichkeit geworden. Die Auswahl der Beschäftigten ist unter Berücksichtigung der Allgemeinverfügung durch den Sozialdienst in enger Absprache mit den jeweiligen Gruppenleitungen erfolgt. Als erstes sind Personen angesprochen worden, die allein leben und selbständig zur Arbeit kommen können. Telefonisch wurde schon auf die Mund- Nase- Bedeckungspflicht hingewiesen.
Aber bevor am ersten Tag das Gebäude betreten werden konnte, sind alle Personen von Gruppenleiter*innen, Sozialdienst, Werkstattleitung usw. in Empfang genommen worden. Teilweise wurde bereits vor dem Betreten die erste Unterweisung der Hygieneregeln vorgenommen. In anderen Fällen erfolgte die Unterweisung in den Arbeitsgruppen.
Abstand, Handhygiene, Niesetikette, neue Regeln bei dem Verlassen der Arbeitsgruppe, das Tragen des Mund- Nase- Schutzes, es ist viel was neu ist und erlernt werden muss. Hilfsmittel, wie eine Abstandsleiste, die ein Gefühl für den richtigen Abstand vermitteln soll, sind in vielen Gruppen vorhanden. 1.5 Meter Abstand sind ein Maß, das erst neu erlernt werden muss, von Gruppenleitern wie von Beschäftigten.
Bereits vor den Gebäuden ist die Veränderung sichtbar. Abstandsmarkierungen sind auf dem Fußboden angebracht. Diese sind im Gebäude an neuralgischen Punkten weitergeführt. Alle müssen bei dem Betreten und Verlassen des Gebäudes die Hände desinfizieren. Danach sind sie gemeinsam mit den Betreuungskräften zu den Arbeitsgruppen gegangen oder haben direkt eine Führung durch das Haus bekommen, in dem auf die Besonderheiten der markierten Flächen hingewiesen wurde.
In den Arbeitsgruppen angekommen, gab es die nächste Überraschung. Arbeitsplätze wurden umgestaltet, um den Abstandsregeln gerecht zu werden und teilweise, wo kein Abstand hergestellt werden kann, weil die Maschinen fest verankert sind, wurden Plexiglasscheiben zwischen den Arbeitsplätzen aufgebaut.
Die Arbeit selber geht locker von der Hand. Die lange Arbeitspause ist nicht spürbar. Spürbar ist aber die Leere in den Räumen. Wo sonst an jedem Arbeitstisch ein geschäftiges Treiben herrschte, Gespräche den Raum füllten und einfach Leben in der Bude war, da ist heute eine merkwürdige Stille. Nicht, dass sich nicht unterhalten wird, sondern die Anzahl der gleichzeitigen Gespräche ist stark reduziert.
Im Römerring haben, inklusive der Außenarbeitsgruppe bei DB Schenker, 47 Beschäftigte im ersten Schritt die Arbeit aufgenommen. In Drispenstedt waren es 23 Beschäftigte. Allerdings sind seit dem 23.04. acht Beschäftigte zusätzlich im Logistikzentrum von Lidl tätig. Die Arbeitsplätze dort sind systemrelevant und somit konnte dort früher gestartet werden. Im Flugplatz haben 16 Beschäftigte am Mittwoch begonnen.
Aber nicht nur in den Arbeitsräumen geht es ruhiger zu. Auch in dem Pausenbereich hat sich einiges getan. Wo möglich, wurden Sitzgelegenheiten auf Abstand aufgestellt und mit Fußbodenmarkierung gekennzeichnet.
An anderer Stelle mussten komplette Sitzgruppen gesperrt werden.
Auch der Innenhof in Drispenstedt wurde optisch den Anrainergruppen zugeordnet damit jede Gruppe für sich Pause machen kann. Auch die Pausenaufsicht wurde personell verstärkt um Hilfestellung bei der Umsetzung des Hygienekonzeptes bieten zu können.
Die neue Situation ist auch an der Mittagessenausgabe nicht spurlos vorbei gegangen. Gab es sonst warmes Mittagessen im Speisesaal werden jetzt verpackte Lunchpakete ausgeteilt, die teilweise in den Gruppenräumen verzehrt werden.
Aus allen Häusern ist zu hören, der Neustart ist gelungen, jetzt können wir den nächsten Schritt wagen. Der startet diese Woche. Die Personenbeförderung wird langsam wieder aufgenommen und der Personenkreis aus dem häuslichen Umfeld wird nach und nach vom Sozialdienst angesprochen. Auf das Verständnis für die Hygieneregeln wird bei der Auswahl zusätzlich geachtet.
Beschäftigte, die in besonderen Wohnformen wohnen, dürfen nur gemeinsam mit ihren Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern und getrennt von anderen Personen beschäftigt oder betreut werden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde das Gebäude der KPS geräumt und steht im wöchentlichen Wechsel 15 Bewohnern der Wohnanlage Sarstedt oder der Wohnanlage Harsum zur Verfügung. Das geht nur, erklärt die Fachkraft für Arbeitssicherheit, Tim Rausch, weil alle Beschäftigten der jeweiligen Woche gemeinsam in einer häuslichen Gemeinschaft leben. Weitere Möglichkeiten dieser besonderen Form des Beschäftigungsangebotes stehen leider derzeit nicht zur Verfügung.
Für vier Beschäftigte wird momentan eine Notbetreuung angeboten. Diese ist an die Vorgaben der Allgemeinverfügung geknüpft und bedarf nochmals einer besonderen Betrachtung der Betreuungssituation.
Auch in den anderen Werkstattstandorten haben die Werkstattleitungen die möglichen Beschäftigungsobergrenzen neu definiert. Diese liegen derzeit bei ca. 30% der früheren Betreuungsquote. Lt. Verordnung ist die Anzahl der gleichzeitig genutzten Arbeits- und Betreuungsplätze für Menschen mit Behinderungen auf höchstens die Hälfte, nach der Stichtagserhebung des Landesamts am 31.10.2020 genutzten Plätze, beschränkt. Dieses ist, lt. Werkstattleitung und Sozialdienst momentan aber noch nicht realisierbar.
Es wird noch viel Geduld und Zeit brauchen bis alle Beschäftigten zurück in der neuen Normalität angekommen sind.
Text und Fotos: Tobias Plitzko