Hier wird gearbeitet, dass die Wände wackeln
- Publiziert in Aktuelles 2020
- geschrieben von Tobias Plitzko
Wackeln reicht aber nicht. So nimmt Daniel den großen Hammer wieder in die Hand und haut noch einmal zu. Jetzt lösen sich vereinzelt Steine aus der Mauer und eine kleine Staubwolke ist zu sehen. Bei dem nächsten Schlag fällt die Mauer mit einem lauten Poltern in sich zusammen. Langsam lösen sich die Konturen der Personen wieder aus der raumgreifenden Staubwolke. Was dann folgt ist ein geschäftiges Treiben. Schaufeln werden geschwungen, Kisten gerückt und das Material abtransportiert.
Seit dem 8.6. sind fünf Beschäftigt und zwei hauptamtliche Mitarbeiter der Lebenshilfe Hildesheim in dem Haus am Papenberg in Bockenem am Arbeiten. Das, im Jahr 1848 als Schulhaus erbaute und später für Vereine genutzte, Fachwerkhaus soll umfassend saniert werden. Dafür muss erst einmal alles raus. Zwischenwände, Deckendämmungen, Heizkörper, Installationen, Fußböden und einiges mehr. Vieles wird gleiche, nach Materialien sortiert, in Containern entsorgt. So werden derzeit jeden Tag ca. 3 Tonnen Schutt und Schrott aus dem Haus getragen. Aber nicht alles soll entsorgt werden. Die alten Türen z.B. müssen vorsichtig ausgebaut und eingelagert werden. Diese sollen später wieder in dem sanierten Haus ihren Platz finden. Nach der Sanierung soll das Gebäude als Bürgerhaus der Stadt Bockenem die Funktion einer Begegnungsstätte erhalten.
Für die Handwerkerkertruppe sind die Arbeiten nichts Ungewohntes. So haben sie, unter Anderem, bereits den Umbau der kompletten Büroetage der Lebenshilfe Hildesheim ausgeführt. Im Kleinen wurden auch schon extern Abriss, aber auch Trockenbau und Malerarbeiten durchgeführt. Als externer Auftrag ist dieses Projekt bislang das Umfangreichste.
Die Beschäftigten sind besonders motiviert – endlich wieder arbeiten. Nachdem sie in den letzten 10 Wochen eine Zwangspause durch den Corona-Lockdown erlebt haben, freuen sie sich auf die Aufgabe. Spazieren gehen, den Haushalt schmeißen und irgendwie den Tag rumkriegen, macht auf Dauer nicht glücklich. Bei so einem großen Auftragsvolumen ist für jeden die passende Arbeit dabei. Wände einreißen macht am meisten Spaß. Da sieht man, was man geschafft hat. Aber auch die feinen Arbeiten sind eine willkommene Abwechslung. Das Zersägen der Heizungsrohre mit einer Tigersäge z.B. oder das Heraustrennen von Elektroleitungen finden ihre Anhänger. Weitere Gewerke sind in der Zeit der Entkernung nicht im Haus, so dass keinen externen Abstimmungen nötig sind und das Arbeiten mit den Auflagen durch Corona vereinfacht.
In vier Wochen soll das Haus komplett entkernt sein. Da ist noch einiges zu tun. Gut zu wissen, dass weiter Beschäftigte in den nächsten Wochen noch hinzukommen. Ob sie auch in den ersten Tagen mit Muskelkater zu kämpfen haben, nach der langen Zeit der Arbeitspause? Es wird sich von oben nach unten vorgearbeitet. Das Dachgeschoss ist vermutlich dann schon entkernt und eine Treppe, in dem dreigeschossigen Haus, muss weniger erklommen werden. Aber so mache Staubwolke wird sich noch durch das Haus verbreiten und ein geschäftiges Treiben nach sich ziehen.
Text und Fotos: Tobias Plitzko